Hermann Lenziger

Hermann Lenziger wurde 1922 geboren. Er wuchs bei seinen Eltern in Berlin auf. Mit 15 Jahren wurde bei ihm festgestellt, dass sein geistiger Zustand nicht seinem Alter entsprach. Er wurde als der eines Grundschulkindes eingeordnet. Daraus erschloss sich für seine Eltern, dass er niemals arbeitsfähig sein würde.
In der Schule wurde Hermann von seinen Mitschülern ausgegrenzt, bis er später gar nicht mehr zur Schule ging und seine ganze Zeit nur noch zu Hause verbrachte. Seine Eltern machten sich Sorgen, was aus ihrem Sohn werden würde, wenn sie irgendwann nicht mehr da wären. Dementsprechend waren sie froh, als ihnen Hilfe angeboten wurde.
Hermann sollte in eine Klinik (in Wirklichkeit Tötungsanstalt) kommen, wo ihm geholfen werden sollte. Nach ein paar Monaten erhielten die Eltern die Nachricht, dass ihr Kind krank geworden sei und an den Folgen der Krankheit gestorben sei.
In Wahrheit wurde sein Leben, wie bei mehreren 100.000 anderen, von der Organisation Aktion T4 als „wertlos“ eingestuft und er wurde mit einer Giftspritze getötet. Spätere Personen, die dieses Schicksal mit Hermann teilten, wurden mit Gas getötet.
Die Geschichte ist fiktiv. Sie steht exemplarisch für das Schicksal von über 200.000 Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden.
Hintergrund: Aktion T4
Die Organisation Aktion T4 hatte ihren Sitz in Berlin in der Tiergartenstraße 4, darum der Name. Dort wurde besprochen, wie die Frage über Menschen mit Krankheiten oder körperlichen Einschränkungen, die nicht arbeitsfähig waren, geklärt werden kann.
Die zwei leitenden Personen dieser Organisation waren zum einen der Arzt von Hitler, Karl Brandt, und zum anderen Philipp Bouhler, der einen hohen Rang in der NSDAP hatte. Mit ein paar weiteren Ärzten haben sie lediglich durch Unterlagen über Personen entschieden, ob diese weiterleben dürfen oder nicht. Zu einem Gutachten von Angesicht zu Angesicht kam es nie.
Fragen, die sich die Ärzte bei ihrer Entscheidung gestellt haben, waren: Wird der Mensch wieder gesund? Kann er wieder arbeiten? Diese Massenermordung wurde viel geheim gehalten. Sie wurde aber auch von den Nazis als Erlösung der Kranken dargestellt, um sich in ein gutes Licht zurücken.
„Was nicht arbeitsfähig war, galt als Ballast und wurde vernichtet.“
Begriffserklärungen:
Aktion T4: Tarnbezeichnung für die systematische Ermordung von Menschen mit Behinderungen durch die Nationalsozialisten.
„Lebensunwertes Leben“: NS-Ideologie, nach der bestimmte Menschen aufgrund von Krankheit, Herkunft oder Behinderung nicht das Recht auf Leben haben.